Zollverfahren 42: Einfuhr mit anschließender innergemeinschaftlicher Lieferung
Unternehmen, die regelmäßig Waren aus Nicht-EU-Ländern in die Europäische Union einführen, sehen …
Unternehmen, die regelmäßig Waren aus Nicht-EU-Ländern in die Europäische Union einführen, sehen sich häufig mit komplexen Zoll- und Steuerprozessen konfrontiert. Eine interessante Möglichkeit, diese Abläufe zu vereinfachen und gleichzeitig finanzielle Vorteile zu nutzen, bietet das sogenannte Zollverfahren 42.
Was verbirgt sich hinter dem Zollverfahren 42?
Normalerweise fallen beim Import in die EU sowohl Zollabgaben als auch die Einfuhrumsatzsteuer an. Mit dem Zollverfahren 42 kann die Einfuhrumsatzsteuer entfallen, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Das bedeutet: Die steuerliche Belastung wird zeitlich verschoben, wodurch Unternehmen ihre Liquidität schonen und Verwaltungsaufwand reduzieren können.
Wann kommt das Verfahren zur Anwendung?
Dieses Verfahren eignet sich insbesondere für Unternehmen, die Waren aus einem Drittstaat zunächst in ein EU-Land einführen, aber nicht dort behalten, sondern in ein anderes Mitgliedsland weiterliefern. In solchen Fällen kann auf die Zahlung der Einfuhrumsatzsteuer verzichtet werden, da der steuerlich relevante Vorgang – die innergemeinschaftliche Lieferung – erst im Bestimmungsland stattfindet.
Beispiel aus der Praxis:
Ein Händler in Indien verkauft Produkte an ein Unternehmen mit Sitz in Deutschland. Diese Ware wird über die Niederlande in die EU eingeführt und anschließend direkt an einen Kunden in Spanien geliefert. Da die eigentliche Lieferung nicht in den Niederlanden, sondern in Spanien erfolgt, kann das deutsche Unternehmen vom Verfahren 42 profitieren und die Ware ohne Vorfinanzierung der Mehrwertsteuer importieren.
Welche Anforderungen gelten?
Damit das Zollverfahren 42 in Anspruch genommen werden kann, müssen folgende Bedingungen erfüllt sein:
Die Waren müssen zunächst in einem EU-Mitgliedstaat eingeführt werden, aber für die Lieferung in ein anderes Mitgliedsland bestimmt sein.
Die importierten Waren dürfen nicht im Einfuhrland verwendet oder eingelagert werden.
Die Lieferung muss gegen Entgelt erfolgen.
Der Empfänger muss eine gültige Umsatzsteuer-Identifikationsnummer in einem anderen EU-Staat als dem Einfuhrland besitzen.
Die innergemeinschaftliche Lieferung muss zeitnah nach der Einfuhr erfolgen – kleinere Verzögerungen, etwa durch Umschlag, sind erlaubt.
Die Angaben zur Lieferung und zum Warenverkehr müssen vollständig dokumentiert werden.
Fiskalvertretung als Lösung
Nicht jedes Unternehmen ist in dem Land, in dem die Ware eingeführt wird, umsatzsteuerlich registriert. In solchen Fällen kann ein sogenannter Fiskalvertreter einspringen. Dieser übernimmt die steuerliche Abwicklung im Einfuhrland, sodass das importierende Unternehmen keine eigene Registrierung vornehmen muss.
Ein solcher Vertreter meldet sowohl die Einfuhr als auch die anschließende innergemeinschaftliche Lieferung in seinem Namen an. Auf diese Weise bleibt die steuerliche Transparenz gewahrt, während das importierende Unternehmen von der vereinfachten Abwicklung profitiert.
Die Vorteile auf einen Blick
Keine Vorfinanzierung der Mehrwertsteuer bei der Einfuhr
Vereinfachte Zollformalitäten
Weniger Verwaltungsaufwand
Vermeidung von Doppelversteuerung
Alternative zum Versandverfahren NCTS (T1)
Weitere Fragen zu Importen oder allgemeinen Zollthemen?
Seit über 30 Jahren unterstützen wir Unternehmen mit maßgeschneiderten Dienstleistungen rund um das Thema Zoll und Außenwirtschaft. Ob Einfuhr, Ausfuhr, Präferenzkalkulation oder Compliance – unser erfahrene Zollexperten steht Ihnen mit fundiertem Know-how und praxisnahen Lösungen zur Seite.
Ihre zuverlässige Zollagentur - SW Zoll-Beratung GmbH ein Unternehmen der Schenker Group
Autor: Dominik Wiedmann - Senior Consultant Training & Beratung
Müssen ICS2-Kosten in die Zollwertberechnung einbezogen werden?
ICS2 – das „Import Control System 2“ – ist seit März 2023 schrittweise für den EU-Warenimport …
ICS2 – das „Import Control System 2“ – ist seit März 2023 schrittweise für den EU-Warenimport verpflichtend. Seitdem stellen sich viele Unternehmen nun die Frage:
Was passiert mit den Kosten, die bei der Abgabe der ICS-Meldung anfallen – sind diese zollwertrelevant?
Eine scheinbar einfache, aber in der Praxis bedeutsame Frage. Denn falsche Annahmen bei der Zollwertberechnung können zu unrichtigen Einfuhranmeldungen, Nachforderungen oder sogar Bußgeldern führen.
Was ist ICS2 – und welche Kosten entstehen dabei?
Mit ICS2 verlangt die EU von Wirtschaftsbeteiligten, dass sie bestimmte Daten vor dem Eintreffen der Ware im Zollgebiet übermitteln. Dies ist vergleichbar mit der summarischen Eingangsanmeldung (eSumA) nach Artikel 127 UZK.
Für die Abgabe dieser Daten entstehen Unternehmen häufig zusätzliche Kosten, z. B.:
Gebühren für Spediteure oder Zollagenten, die die ICS-Meldung übermitteln
Kosten für IT-Schnittstellen oder externe Plattformen
Dienstleistungskosten für die Datenaufbereitung
Doch wie sind diese Kosten zollwertrechtlich zu behandeln?
Grundlagen der Zollwertberechnung
Der Zollwert ist die Bemessungsgrundlage für die Erhebung von Einfuhrabgaben und ergibt sich in der Regel aus dem Transaktionswert – also dem Preis, den der Käufer tatsächlich für die Waren zahlt (Art. 70 UZK).
Zusätzlich werden nach Artikel 71 UZK bestimmte Kosten hinzugerechnet, z. B.:
Beförderungskosten bis zum Ort des Verbringens in das Zollgebiet der Union
Verladungs- und Umschlagskosten
Verpackungs- und Versicherungskosten
Dabei gilt: Nur solche Kosten, die unmittelbar mit dem Transport der Waren zusammenhängen, dürfen berücksichtigt werden.
ICS2-Kosten: Ja oder nein zum Zollwert?
Die Antwort lautet: Nein.
Kosten, die bei der Abgabe der summarischen Eingangsanmeldung anfallen – also typische ICS2-Gebühren – werden nicht zum Zollwert hinzugerechnet.
Diese Klarstellung findet sich in Absatz 68 der Dienstvorschrift Zollwertrecht E-VSF Z 5101, wo es wörtlich heißt:
"Abgaben und Gebühren, die mit der summarischen Eingangsanmeldung (Artikel 5 Nr. 9 und Artikel 127 UZK) im Zusammenhang stehen, werden nicht zum Zollwert hinzugerechnet (vgl. Artikel 71 Abs. 3 UZK)."
Der Grund: Diese Kosten gelten nicht als Teil der Beförderungskosten und stehen nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit dem physischen Transport der Ware, sondern mit der Sicherheitsprüfung vor dem Transport.
Was bedeutet das für die Praxis?
Für Unternehmen, die regelmäßig Waren importieren, heißt das konkret:
ICS2-bezogene Kosten dürfen nicht in die Zollwertberechnung einfließen
Sie müssen in der Buchhaltung getrennt von Transportkosten ausgewiesen werden
Ein häufiger Fehler in der Praxis ist, dass Transportdienstleister alle Kosten „rund um den Import“ pauschal zusammenfassen. Dadurch kann es passieren, dass ICS2-Gebühren versehentlich in den Zollwert einfließen – was im schlimmsten Fall zu zu hohen Abgaben führt.
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Neue Unterlagencodierungen betreffend die Sanktionen gegenüber Russland
Im Rahmen der fortlaufenden EU-Sanktionen gegenüber Russland wurde mit Wirkung zum Juni 2025 die …
Im Rahmen der fortlaufenden EU-Sanktionen gegenüber Russland wurde mit Wirkung zum Juni 2025 die neue Codierung Y236 für das deutsche ATLAS-Ausfuhrsystem (AES) eingeführt. Die Generaldirektion TAXUD der EU-Kommission hat diesbezüglich eine wichtige Ergänzung zur praktischen Umsetzung von Artikel 12g der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 veröffentlicht.
Ausnahme gemäß Artikel 12g Abs. 2 Buchstabe a VO (EU) Nr. 833/2014 von der Verpflichtung nach Artikel 12g Abs. 1 VO (EU) Nr. 833/2014, die Wiederausfuhr nach Russland und die Wiederausfuhr zur Verwendung in Russland vertraglich zu untersagen.
Verbot der Weiterleitung gelisteter Güter nach Russland
Artikel 12g Absatz 1 der VO (EU) 833/2014 verpflichtet Exporteure dazu, bei der Wiederausfuhr bestimmter Güter sicherzustellen, dass eine Weiterverwendung in Russland vertraglich ausgeschlossen wird. Diese Regelung betrifft insbesondere technologisch relevante Maschinen und Bauteile.
Ziel ist es, eine Umgehung der Sanktionen durch indirekte Lieferwege zu verhindern.
Ausnahmen von der vertraglichen Verpflichtung
In bestimmten Fällen erlaubt Artikel 12g Absatz 2 Buchstabe a) jedoch eine Ausnahme von der Verpflichtung, eine vertragliche Untersagung der Wiederausfuhr nach Russland zu verankern. Für solche Ausnahmetatbestände ist nun eine gesonderte Codierung im Ausfuhrverfahren über ATLAS zu verwenden.
Bedeutung für die Praxis
Für exportierende Unternehmen ist es essenziell, bei Ausfuhren sensibler Güter in Drittländer stets die aktuellen sanktionsrechtlichen Vorschriften zu beachten.
Die Nutzung der neuen Codierung Y236 erfordert eine genaue Prüfung, ob tatsächlich ein Ausnahmefall gemäß Artikel 12g Abs. 2 Buchstabe a) vorliegt. Dies ist beispielsweise bei Wiederausfuhren an bestimmte Staaten oder für bestimmte Endverwendungen der Fall.
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Seit über 30 Jahren unterstützen wir Unternehmen mit maßgeschneiderten Dienstleistungen rund um das Thema Zoll und Außenwirtschaft. Ob Einfuhr, Ausfuhr, Präferenzkalkulation oder Compliance – unser erfahrene Zollexperten steht Ihnen mit fundiertem Know-how und praxisnahen Lösungen zur Seite.
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Warum die Wahl des Incoterms® – insbesondere EXW (Ex Works) – nicht von der Einhaltung der EU-Sanktionen entbindet
Die Incoterms®-Klausel EXW (Ex Works / Ab Werk) gehört zu den am häufigsten verwendeten …
Die Incoterms®-Klausel EXW (Ex Works / Ab Werk) gehört zu den am häufigsten verwendeten Lieferklauseln im internationalen Handel. Doch aus Sicht des EU-Sanktionsrechts ist ihre Verwendung nicht unproblematisch – vor allem dann, wenn Güter außerhalb der EU ausgeführt werden.
Die Europäische Kommission hat in einem aktuellen Faktenblatt deutlich gemacht, warum Unternehmen bei der Verwendung von EXW-Klauseln besonders vorsichtig sein müssen. In diesem Beitrag erläutern wir die rechtlichen Hintergründe, die Risiken und zeigen Alternativen auf.
Was bedeutet EXW (Ex Works)?
EXW bedeutet, dass der Verkäufer die Ware dem Käufer „ab Werk“ – also z. B. auf dem eigenen Betriebsgelände – zur Verfügung stellt. Ab diesem Moment trägt der Käufer sämtliche Kosten und Risiken des Transports, einschließlich der Ausfuhr und ggf. auch der Zollabwicklung.
Das klingt zunächst vorteilhaft für den Verkäufer. Doch genau darin liegt aus sanktionsrechtlicher Sicht ein großes Risiko.
Sanktionsrechtlicher Hintergrund: Was ist verboten?
Die EU-Sanktionsverordnungen verbieten nicht nur direkte Lieferungen an sanktionierte Personen oder Unternehmen. Vielmehr ist auch die mittelbare Bereitstellung von wirtschaftlichen Ressourcen oder technischen Hilfen verboten, wenn dadurch eine sanktionierte Person faktisch begünstigt wird.
Das bedeutet:
Auch wenn der Verkäufer im Rahmen von EXW formal nicht für die Ausfuhr verantwortlich ist, kann er dennoch tatsächlich eine verbotene Handlung vornehmen – nämlich durch die Bereitstellung der Güter in Kenntnis ihres Endverbleibs.
Warum ist EXW besonders riskant bei Lieferungen außerhalb der EU?
Bei EXW gibt der Verkäufer die Kontrolle über die Ware sehr früh ab – noch bevor sie ausgeführt wird. Doch das EU-Sanktionsrecht kennt keine „formale Verantwortlichkeit“, sondern prüft den tatsächlichen Beitrag zur Lieferung.
Beispiel:
Ein EU-Hersteller verkauft Maschinen ab Werk an einen Kunden in der Türkei. Der Kunde exportiert sie weiter in ein Land, das unter EU-Sanktionen steht (z. B. Russland oder Iran).
Der Verkäufer kann haftbar gemacht werden, wenn er wusste oder hätte wissen müssen, dass die Maschinen dorthin gelangen.
Die EU-Kommission betont:
Selbst bei einer EXW-Klausel müssen EU-Unternehmen ihre Sorgfaltspflicht erfüllen und prüfen, ob ihre Produkte letztlich für eine verbotene Endverwendung bestimmt sind.
EXW entbindet nicht von der Compliance-Pflicht
Viele Unternehmen gehen fälschlich davon aus, dass sie bei EXW keine Verantwortung für die Ausfuhr oder den Endverbleib der Ware tragen. Doch das Gegenteil ist der Fall:
Das EU-Sanktionsrecht basiert auf dem Prinzip der wirtschaftlichen Realität, nicht bloß auf der Vertragsform.
Die Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis über eine spätere sanktionswidrige Verwendung kann ausreichen, um eine Haftung auszulösen.
Unternehmen dürfen sich also nicht „blind stellen“, wenn der Endverbleib verdächtig oder unklar ist.
Wie sieht eine wirksame Risikoabsicherung aus?
Unternehmen sollten bei EXW-Lieferungen in Drittstaaten besondere Vorsicht walten lassen. Folgende Maßnahmen können dabei helfen:
Sorgfältige Prüfung des Kunden und aller Handelsbeteiligten (Know Your Customer)
Sanktionslistenscreening aller Beteiligten (Käufer, Spediteur, Endverwender)
Wirtschaftlich Berechtigte prüfen
Einholung von Endverbleibserklärungen (EVE)
Eindeutig dokumentieren, wo die Ware verbleibt
Bei sensiblen Gütern ggf. auch Nachweise zum Verwendungszweck einholen
Vertragliche Schutzklauseln
Verbot der Weiterlieferung in sanktionierte Staaten
Verpflichtung des Käufers zur Einhaltung des EU-Sanktionsrechts
Verwendung alternativer Incoterms-Klauseln
Statt EXW besser FCA (Free Carrier) oder DAP (Delivered at Place) nutzen, um mehr Kontrolle über die Ausfuhr zu behalten
Selbst wenn ein Unternehmen die EXW-Klausel verwendet, bleibt es verpflichtet, sicherzustellen, dass die Waren nicht in verbotener Weise in sanktionierte Länder oder an sanktionierte Personen gelangen.
Die Empfehlung lautet daher:
EXW möglichst nicht für Drittstaatenexporte verwenden, insbesondere nicht bei sensiblen Gütern oder potenziell risikobehafteten Empfängern.
Sorgfaltspflichten dokumentieren, um im Fall einer Prüfung oder Verdachtsmeldung entlastet zu sein.
EXW ist kein Freifahrtschein – gerade nicht im Sanktionsrecht
Die Verwendung von EXW kann zwar bequem erscheinen, birgt aber erhebliche Risiken im Hinblick auf EU-Sanktionen. Wer wissentlich oder fahrlässig dazu beiträgt, dass sanktionierte Personen von einer Lieferung profitieren, verstößt gegen EU-Recht – auch ohne direkte Ausfuhrverantwortung.
Verzichten Sie bei Drittlandsgeschäften möglichst auf EXW-Klauseln und etablieren Sie ein robustes Internes Compliance-System.
Sie brauchen Unterstützung?
Als erfahrene Zollagentur und Berater für Exportkontrollen unterstützen wir Sie bei der:
Einführung von Compliance-Maßnahmen
Durchführung von Sanktionslistenscreenings
Erstellung rechtssicherer Endverbleibserklärungen
Kontaktieren Sie uns für ein unverbindliches Beratungsgespräch.
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Mögliche Auswirkungen des neuen Koalitionsvertrages auf Zoll- und Außenhandelsthemen
Der Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD markiert einen bedeutenden Wendepunkt in der Zoll- und …
Der Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD markiert einen bedeutenden Wendepunkt in der Zoll- und Außenhandelspolitik Deutschlands. In einer Zeit globaler Unsicherheiten und wirtschaftlicher Umbrüche setzt die neue Regierung klare Akzente, um die Position Deutschlands im internationalen Handel zu stärken und den Zoll gleichzeitig modern und effizient aufzustellen. Insbesondere sollen hier Veränderungen in den Bereichen Exportkontrolle, Digitalisierung, Lieferkettenregulierung, Sanktionsdurchsetzung und Wettbewerbsfähigkeit im Außenhandel durchgesetzt werden.
"Wir werden den Einzelhandel vor unlauterem Wettbewerb aufgrund der Flutung durch billige Konsumgüter aus Fernost schützen und auf europäischer Ebene ein level playing field durchsetzen, bei dem unsere Standards von allen Marktteilnehmern – auch aus Drittländern – eingehalten werden müssen. Bei den Verhandlungen zur Reform der EU-Zollunion setzen wir uns dafür ein, dass die Vorschläge für E-Commerce bevorzugt beraten werden. Erfüllen die Unternehmen die Pflichten nicht, 376 werden die Accounts ihrer Onlinehandelsplattformen gesperrt."
Unsere Einschätzung:
Plattformbetreiber sollen künftig für zoll- und produktrechtliche Verstöße mitverantwortlich gemacht werden. Auch im kleinen Warenverkehr steigen die Anforderungen. Der Trend geht zu mehr Kontrolle über Plattformen und Paketströme – insbesondere bei Billigimporten aus Fernost. Der „freie Import“ wird regulierter. Onlinehändler müssen sicherstellen, dass alle Produkte CE-konform sind, korrekt deklariert und verzollt werden.
Einfuhrumsatzsteuer: Liquiditätsvorteil in Sicht
„Um Unternehmen von Bürokratie zu entlasten, werden wir gemeinsam mit den Ländern die Erhebung der Einfuhrumsatzsteuer auf ein Verrechnungsmodell umstellen.“
Unsere Einschätzung:
Statt Zahlung der EUSt bei Import (mit Vorsteuerabzug später) soll künftig ein sofortiges Verrechnungsmodell greifen. Ein echter Vorteil für Importeure: weniger Liquiditätsbindung, geringerer Verwaltungsaufwand – und ein echter Standortvorteil für Deutschland.
Neue Handelsabkommen: Chancen und Pflichten
"Wir streben den Abschluss von weiteren Handels- und Investitionsabkommen an."
Unsere Einschätzung:
Die Regierung unterstützt die Ratifizierung bestehender und neuer EU-Handelsabkommen. Neue Abkommen bringen Zollvorteile – aber auch Herausforderungen: Präferenznachweise, Lieferantenerklärungen und Ursprungskalkulationen werden komplexer und müssen angepasst werden. Wer von Zollpräferenzen profitieren will, muss seine Prozesse zur Ursprungsdokumentation auf sichere Beine stellen.
Novelle des Außenwirtschaftsgesetzes: Investitionen absichern
„Auf nationaler Ebene wollen wir zeitnah ein novelliertes Außenwirtschaftsgesetz vorlegen.“ "Ausländische Investitionen, die unseren nationalen Interessen widersprechen, in kritische Infrastruktur und in strategisch relevanten Bereichen, wollen wir effektiv verhindern."
Unsere Einschätzung:
Die Regierung möchte ausländische Direktinvestitionen stärker prüfen – insbesondere bei kritischer Infrastruktur oder Hochtechnologie. Gleichzeitig sollen Verfahren schneller und klarer werden. Die Neuausrichtung dient dem Schutz der Wirtschaftssouveränität – Stichwort: „De-Risking“. Für Investoren erhöht sich jedoch die regulatorische Unsicherheit. Unternehmen mit ausländischen Beteiligungen sollten mögliche Prüfpflichten frühzeitig analysieren – auch bei Fusionen oder Joint Ventures.
Sanktionsdurchsetzung: Mehr Kontrolle, mehr Verantwortung
"Die effektive nationale Umsetzung der Sanktionen aufgrund des russischen Angriffskriegs stellen wir weiterhin sicher. Wir unterstützen die Pläne der EU zur Erhebung von Zöllen auf den Import von Düngemitteln aus Russland und Weißrussland."
Unsere Einschätzung:
Die Bundesregierung hält Kurs in der Sanktionenpolitik gegenüber Russland und Belarus. Weitere Maßnahmen und Kontrollen sind nicht ausgeschlossen. Auch bei zivilen Gütern kann eine Sanktionsrelevanz bestehen – z. B. durch duale Verwendung oder Beteiligung gelisteter Personen. Sanktionslistenprüfung, Endverbleibserklärungen und Kundenklassifikation im Sinne von "Know your customer" sind Pflicht – automatisiert, tagesaktuell und revisionssicher.
Exportkontrolle: Paradigmenwechsel mit Verantwortung
"Wir werden die Ausfuhrgenehmigungsprozesse vereinfachen und beschleunigen. Unser Ziel ist ein Paradigmenwechsel. Anstelle von durchgängigen Prüfungen streben wir stichprobenartige Kontrollen verbunden mit empfindlichen Strafen bei Verstößen an."
Unsere Einschätzung:
Die Bundesregierung will das Genehmigungsverfahren in der Exportkontrolle radikal ändern: weg von präventiver Kontrolle – hin zu nachgelagerten Stichproben. Eine Exportgenehmigungspflicht vorab entfiele in vielen Fällen. Das entlastet formal die Behörden, verlagert aber das Risiko vollständig auf die Unternehmen. Fehlerhafte Ausfuhren – etwa in Embargoländer oder mit Dual-Use-Bezug – könnten zu empfindlichen Bußgeldern oder gar Strafverfahren führen. Firmen brauchen dringend ein belastbares internes Compliance-System. Die Exportkontrolle wird zur unternehmerischen Eigenverantwortung – mit erhöhter Haftung.
ESG-Themen: LkSG, CSDDD, CBAM, usw.
"Die geltenden gesetzlichen Sorgfaltspflichten werden bis zum Inkrafttreten des neuen Gesetzes, mit Ausnahme von massiven Menschenrechtsverletzungen, nicht sanktioniert. Wir unterstützen den "Omnibus" der Kommission, um die umfangreichen Vorgaben zum Inhalt der EU-Nachhaltigkeitsberichterstattung insbesondere für die mittelständische Wirtschaft deutlich zu reduzieren und zeitlich zu verschieben."Darüber hinaus schaffen wir das nationale Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) ab. Es wird ersetzt durch ein Gesetz über die internationale Unternehmensverantwortung, das die Europäische Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) bürokratiearm und vollzugsfreundlich umsetzt. Die Berichtspflicht nach dem LkSG wird unmittelbar abgeschafft und entfällt komplett."
Unsere Einschätzung:
Die neue Bundesregierung schlägt einen radikalen Kurswechsel bei der Regulierung von Lieferketten ein: Das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG), das erst 2023 in Kraft getreten ist, soll abgeschafft und durch ein neues, schlankeres Gesetz ersetzt werden. Gleichzeitig positioniert sich die Koalition kritisch gegenüber überbordenden Berichtspflichten. Auch wenn die Berichtspflicht nach LkSG wegfällt, sollten Unternehmen den eingeschlagenen Kurs nicht verlassen, denn Risikomanagementprozesse und Lieferantenbewertungen, die bereits aufgebaut wurden, bleiben wertvoll für die Umsetzung der CSDDD. Mittelständische Unternehmen, die von der CSRD oder CSDDD künftig betroffen sind, sollten mit Augenmaß weiter vorbereiten, da ein völliger Rückbau nicht vorgesehen ist – sondern eine vereinfachte, praxisnähere Umsetzung.
Fazit: Der Koalitionsvertrag bringt Bewegung – mit Chancen und Risiken
Der Koalitionsvertrag 2025 enthält ambitionierte Pläne zur Reform von Exportkontrolle, Zollverfahren und Außenwirtschaftsrecht. Die angekündigten Maßnahmen reichen von einem Paradigmenwechsel bei Genehmigungsprozessen bis hin zur Digitalisierung und steuerlichen Entlastung.
Es handelt allerdings sich bislang um politische Absichtserklärungen. Ob, wann und in welcher Form diese Vorhaben tatsächlich umgesetzt werden – insbesondere bei der Exportkontrolle – bleibt offen. Erst mit konkreten Gesetzes- und Verordnungstexten lässt sich die tatsächliche Tragweite beurteilen.
Unser Rat:
"Wenn nicht jetzt, wann dann?"
Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um Exportkontrollprozesse, Zollverfahrensabläufe und Compliance-Standards im Unternehmen zu überprüfen und strategisch anzupassen.
Diese Dringlichkeit ergibt sich nicht nur aus den geplanten Reformen im Koalitionsvertrag, sondern auch aus einer Vielzahl aktueller globaler Entwicklungen, die den internationalen Handel erheblich beeinflussen:
Handelskonflikte mit den USA: Die USA haben kürzlich die Zölle auf Stahlimporte von 25 % auf 50 % erhöht, was auch deutsche Exporteure betrifft. Zudem drohen weitere Zollerhöhungen auf Importe aus Ländern wie China und der EU.
Krise am Roten Meer: Angriffe auf Handelsschiffe durch Huthi-Rebellen haben zu erheblichen Störungen im internationalen Seeverkehr geführt. Viele Reedereien meiden die Route durch das Rote Meer, was zu längeren Lieferzeiten und höheren Kosten führt.
EU-Sanktionspakete gegen Russland: Mit immer neuen Sanktionspaketen erlässt die EU weitere Handelsbeschränkungen im Warenverkehr aus oder nach Russland bzw. mit Waren russischen Ursprungs.
Neue ESG-Regelungen: Die EU führt neue Sorgfaltspflichten wie die Zwangsarbeitsverordnung, der EU-Entwaldungsverordnung (EUDR) oder den Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM) ein, die Unternehmen verpflichten, ihre Lieferketten genauer zu überprüfen und ausführliche Daten zu erheben.
Digitalisierung und Zentralisierung im Zollwesen: Ab Juni 2025 startet die zweite Phase des „Centralised Clearance for Import“ (CCI), die es Unternehmen ermöglicht, Zollformalitäten zentral abzuwickeln, unabhängig vom Ort der Wareneinfuhr.
Reform des Unionszollkodex: Die Europäische Union plant die umfassendste Reform ihres Zollrechts seit Jahrzehnten. Ziel ist es, die Zollprozesse zu modernisieren, zu vereinheitlichen und an die Anforderungen des digitalen Zeitalters anzupassen.
Angesichts dieser Entwicklungen ist es für Unternehmen unerlässlich, ihre Prozesse im Bereich Zoll und Außenwirtschaft zu überprüfen und anzupassen. Die Kombination aus politischen Veränderungen, geopolitischen Spannungen und neuen regulatorischen Anforderungen macht deutlich: Wer jetzt handelt, kann Risiken minimieren und Wettbewerbsvorteile sichern.
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Besonders konstruiert oder geändert für militärische Zwecke – Wann Produkte unter die Exportkontrolle fallen
In der heutigen globalisierten Wirtschaft spielt die Exportkontrolle eine immer größere Rolle. …
In der heutigen globalisierten Wirtschaft spielt die Exportkontrolle eine immer größere Rolle. Unternehmen, die Güter exportieren, müssen sich mit zahlreichen Vorschriften auseinandersetzen. Besonders sensibel sind dabei Produkte, die als „besonders konstruiert oder geändert für militärische Zwecke“ eingestuft werden. Diese Bezeichnung ist mehr als nur ein technisches Merkmal – sie kann konkrete rechtliche Konsequenzen, insbesondere im Hinblick auf Genehmigungspflichten im Außenwirtschaftsverkehr mit sich bringen.
Was bedeutet „besonders konstruiert oder geändert für militärische Zwecke“?
Der Wortlaut stammt aus der Außenwirtschaftsverordnung (AWV) und taucht regelmäßig im Zusammenhang mit der Exportkontrolle auf. Gemeint sind von Teil I Abschnitt A der Ausfuhrliste erfasste Produkte, Komponenten oder Technologien, die speziell für militärische Zwecke entwickelt oder nachträglich so modifiziert wurden, dass sie eine militärische Verwendung ermöglichen oder erleichtern. Diese Positionen basieren auf der Gemeinsamen Militärgüterliste der EU (Common Military List).
Diese Einstufung ist nicht davon abhängig, ob das Produkt tatsächlich in ein Militärfahrzeug eingebaut wird oder einem Heer geliefert wird. Vielmehr geht es um den Zweck, für den das Produkt ursprünglich entworfen oder angepasst wurde.
Die Formulierung "besonders konstruiert oder geändert für militärische Zwecke" bezeichnet ein Gütekriterium, das bei der Bewertung von Güter von zentraler Bedeutung ist. Sie meint, dass ein Produkt entweder:
ursprünglich speziell für militärische Zwecke entwickelt wurde, oder
so modifiziert wurde, dass es nun spezifisch militärischen Anforderungen oder Zwecken dient.
Es genügt nicht, dass ein Produkt auch militärisch nutzbar ist. Entscheidend ist die besondere militärische Zweckbestimmung bei der Konstruktion oder Modifikation.
Beispiele aus Teil 1 Abschnitt A:
0006a: Landfahrzeuge und Bestandteile hierfür, besonders konstruiert oder geändert für militärische Zwecke
0006a: Luftfahrzeugeund Bestandteile wie folgt, „besonders konstruiert oder geändert für militärische Zwecke“
Ein klassisches Beispiel ist ein geländegängiges Fahrzeug: Wird es für zivile Zwecke konstruiert, aber kann auch im Militär eingesetzt werden, so ist keine Erfassung durch die Ausfuhrliste gegeben.
Wird es jedoch von Beginn an mit einer Panzerung, einer Waffenhalterung oder einem NATO-kompatiblen Kommunikationssystem für militärische Operationen konzipiert, handelt es sich um ein Gut, das besonders konstruiert oder geändert für militärische Zwecke ist – und fällt damit unter Teil I Abschnitt A. Werden besondere Beschichtungen beispielsweise speziell entwickelt, um die Tarnung eines militärischen Fahrzeugs zu verbessern, dient die Beschichtung einem eigenen militärisch-strategischem Zweck und ist daher als ,,besonders konstruiert für militärische Zwecke" und damit ausgestattete Fahrzeuge mithin als Rüstungsgut zu klassifizieren.
Beispielhafte Abgrenzung: Bestandteil Kugellager
Es besteht die Kenntnis, dass ein Standard Kugellager ohne weitere Modifikationen in einen Panzer eingebaut wird. Allein durch seine Verwendung wird dieses Standard-Kugellager aber noch lange nicht zum Dual-Use oder sogar Rüstungsgut.
Für die Einstufung als Dual-Use Gut müssen vom Kugellager alle spezifischen Merkmale einer Position des Anhang I der Dual-Use Verordnung, für Kugellager typischerweise die Position 2A001, erfüllt sein.
Für die Einstufung als Rüstungsgut, muss das Kriterium "besonders konstruiert oder geändert für militärische Zwecke" erfüllt werden.
Kriterien zur Beurteilung der militärischen Klassifizierung
Nach der Rechtsprechung weist ein Gut eine „besondere Konstruktion für militärische Zwecke auf, wenn das Gut „spezifische technische Kriterien hat, die eine Verwendung für Rüstungsgüter nahelegt“.
Grundsätzlich können vor allem die folgenden Kriterien für die Abgrenzung eines Rüstungsgutes von einem Dual-Use Gut herangezogen werden:
Design-Intent
Für welche Zwecke ist das Gut entwickelt worden?
Ersetzbarkeit / Austauschbarkeit
Geht es um Katalogprodukte oder um eigens für diesen Zweck konstruierte Güter?
Technische Anpassungen
Hat das Gut technische Anpassungen, so dass eine Verwendung für Rüstungsgüter naheliegt?
Sinn und Zweck der deutschen und europäischen Exportkontrolle in Bezug zu "Besonders konstruiert" oder "geändert für militärische Zwecke"
Diese Abstufung entspricht auch dem Sinn und Zweck der deutschen und europäischen Exportkontrolle und spiegelt die notwendige Abwägung zwischen außen- und sicherheitspolitischem Regelungsinteresse und dem Grundsatz der Außenwirtschaftsfreiheit unter Beachtung der Realität moderner Lieferketten wider.
Komplexe Gesamtsysteme werden aus verschiedensten Gütern zusammengesetzt, die in einer Vielzahl einzelner Produktionsschritte hergestellt werden. Die einzelnen Güter unterscheiden sich dabei teilweise erheblich in ihrer außen- und sicherheitspolitischen Relevanz. Bestandteile ohne eigene militärisch-strategische Bedeutung weisen dabei weder per se eine erhöhte Gefährlichkeit auf, noch tragen sie zur Gefährlichkeit des Gesamtsystems wesentlich bei.
Der objektive Maßstab der Rechtsprechung
Insbesondere für Bestandteile in den problematischen Fallgruppen fehlt es bisher an einer klaren Handreichung, wann ein solcher Bestandteil als Rüstungsgut zu klassifizieren ist. Auch wenn es bisher nur vereinzelte Urteile deutscher Gerichte zur Auslegung des Merkmals ,,besonders konstruiert für militärische Zwecke" gibt, lassen sich diesen wesentlichen Grundsätze für die Klassifikation von Bestandteilen entnehmen.
Entscheidung des VGH Kassel (Urt. v. 16. August2016,6 A 1996/14)
Zur Bestimmung, ob ein Gut von der Ausfuhrliste umfasst ist, ist grundsätzlich aus Gründen der Rechtssicherheit eine eng am Wortlaut der Ausfuhrliste orientierte Auslegung geboten, um zweifelsfrei das Erfordernis der Genehmigungspflicht feststellen zu können.
Speziell die Regelung von Bestandteilen in der Ausfuhrliste deute ,darauf hin, dass der Verordnungsgeber bei offensichtlichen Rüstungsgütern im Hinblick auf die geschützten Rechtsgüter der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland, des Völkerfriedens und der auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland eine weite Erfassungsvariante für Bestandteile für vertretbar gehalten und sich bei weniger militärisch ausgerichteten Gütern bewusst für eine enge Bestandteils Erfassung entschieden habe.
Der Senat bestätigte damit seine frühere Entscheidung (Urt. v. 14.10.2009, 6 A 2ll3/08), dass das Merkmal ,,besonders konstruiert für militärische Zwecke" nur erfüllt sei, ,,wenn ein Produkt bereits bei der Konstruktion, Planung oder dem Entwurf eine Zielrichtung erfahren hat, die über eine zivile Nutzung hinausgeht, d.h. der militärische Zweck bei der Entwurfserstellung und Planung des Guts im Vordergrund stand, und die militärische Verwendung auch tatsächlich möglich ist, ohne dass zu fordern ist, dass eine nicht militärische Verwendung ausgeschlossen wird."
Diese besondere Zielrichtung des Bestandteils sei anhand eines objektiven Maßstabs, also danach festzustellen, welche Eigenschaften der Bestandteil aufgrund seiner Konstruktion aufweist und nicht nach einem subjektiven Maßstab anhand des geplanten Einsatzzweck:
Der militärische Zweck eines Guts muss vorrangig aus seiner objektiven Beschaffenheit oder Konstruktion erkennbar werden, also aus den konkreten technischen Eigenschaften und der tatsächlichen Nutzbarkeit des Produkts. Dem von dem Hersteller oder Ausführenden angenommenen Verwendungszweck ist nur als weiteres Kriterium für die Auslegung Bedeutung zuzulegen. "
Entscheidung des BGH vom 28. Januar 2010,3 StP. 274109,
Diese Entscheidung befasste sich spezifisch mit Bestandteilen. Dabei ist zwischen den Tatbestandsmerkmalen ,,besonders konstruiert" einerseits und, für "militärische Zwecke" andererseits zu unterscheiden.
Der BGH hatte seinerzeit über die Strafbarkeit der ungenehmigten Ausfuhr von Hydraulikzylindern nach Indien zum Einbau in mobile Raketenstartrampen und Radaranlagen zu entscheiden.
Während die Vorinstanz die Zylinder noch als ,,für militärische Zwecke besonders konstruierte" Bestandteile für Landfahrzeuge im Sinne der Position 0006 der Ausfuhrliste eingeordnet hatte, differenzierte der BGH:
Die Hydraulikzylinder zur Verwendung in der Radaranlage waren zwecks besserer Tarnung mit einer speziellen Oberflächenbeschichtung versehen; die Zylinder zur Verwendung in der Raketenstartrampe waren zwar ebenfalls nach den Vorgaben des Bestellers hergestellt worden, wiesen jedoch keine Eigenschaft auf, die ihnen eine, spezifische militärische Zweckbestimmung!' verlieh. Bei letzteren Hydraulikzylindern handele es sich, so der BGH "ausnahmslos um Modifikationen ziviler Güter entsprechend den Vorgaben der Besteller".
Diese Änderungen genügten zwar den Anforderungen an das Tatbestandsmerkmal, besonders konstruiert', ihre militärische Zwecksetzung bezogen die Hydraulikzylinder aber nur mittelbar über die Hauptsache, für die sie bestimmt waren.
Dies reicht für die Klassifizierung als Bestandteile im Sinne der Position 0006 des Teils I Abschnitt A der Ausfuhrliste nicht aus.
Zusammenfassend lässt sich den Entscheidungen entnehmen, dass zivile Güter nicht allein dadurch zu Rüstungsgütern im Sinne der Ausfuhrliste werden sollen, dass sie nach Vorgaben eines militärischen Bestellers angepasst und in einem gelisteten Fahrzeug verwendet werden. Erforderlich hierfür ist vielmehr, dass die Güter aufgrund dieser Modifikation eine eigene militärisch-strategische Zwecksetzung erhalten habe.
ATLAS-Codierungen bei vorliegen einer AzG bzw. eines Nullbescheides
Der Anmelder ist gemäß § 23 Abs. 4 AWV verpflichtet, eine vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) erteilte Bescheinigung, dass die Ausfuhr keiner Genehmigung bedarf, bei der Ausfuhrabfertigung in der elektronischen Ausfuhranmeldung unter Angabe der Codierung der Bescheinigung, der Referenznummer, des Ausstellungsdatums und des Gültigkeitsendes anzugeben.
Aus ATLAS-technischer Sicht handelt es sich nur dann um einen Nullbescheid, wenn alle Güterpositionen eines Bescheids von der Genehmigungsbehörde als nicht genehmigungspflichtig eingestuft wurden. Nur dann ist die Codierung „3LLD/NB“ zu verwenden.
Handelt es sich dagegen um nicht in der Ausfuhrliste/Anhang I der Dual-use-VO gelistete, genehmigungsfreie Güter, die neben zumindest einer Position mit genehmigungspflichtigen Gütern als eigenständige Position in einer Ausfuhrgenehmigung im Feld „Detail“ mit -NULL- gekennzeichnet sind, ist nicht die Codierung „3LLD/NB“ zu verwenden, sondern die Genehmigungscodierung für die Ausfuhrgenehmigung, in der die sog. Nullware erfasst ist.
Fazit: Keine Kompromisse bei militärischer Zweckbestimmung
Die Formulierung „besonders konstruiert oder geändert für militärische Zwecke“ ist keineswegs ein juristisches Detail, sondern ein zentraler Risikofaktor für exportierende Unternehmen. Eine korrekte Einstufung schützt vor Strafen, erleichtert Genehmigungsverfahren und schafft Vertrauen bei Behörden und Geschäftspartnern. Im Sinne einer sorgfältigen innerbetrieblichen Exportkontrolle ist es jedoch ratsam, die Listung kritischer Güter rechtssicher zu klären, bevor es zu einer Beanstandung bei einer Ausfuhr oder Verbringung oder im Rahmen einer Außenwirtschaftsprüfung kommt. Hierzu kann eine Auskunft zur Güterliste (AzG) zur rechtlichen Absicherung beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) beantragt werden.
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Autor: Dominik Wiedmann - Senior Consultant Training & Beratung
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