In einer Welt, in der viele Unternehmen grenzüberschreitend agieren, sind Compliance-Anforderungen entscheidend, um rechtliche Risiken zu minimieren. Eine zentrale Maßnahme, die in diesem Zusammenhang immer mehr an Bedeutung gewinnt, ist das Sanktionslistenscreening. Doch warum ist dieses Screening so wichtig? Wie sollte es in Unternehmen idealerweise umgesetzt werden? Welche Geschäftspartner sollten gegen welche Listen überprüft werden? Und welche Konsequenzen drohen, wenn Unternehmen darauf verzichten?
Was ist Sanktionslistenscreening?
Beim Sanktionslistenscreening prüfen Unternehmen, ob ihre Geschäftspartner (Kunden, Lieferanten oder andere Vertragspartner) auf verschiedenen Sanktionslisten aufgeführt sind. Diese Listen werden von Regierungen und supranationalen Organisationen (z.B. der EU oder den Vereinten Nationen) erstellt und enthalten Namen von Personen, Unternehmen und Organisationen, gegen die Handelssanktionen verhängt wurden. Häufig handelt es sich dabei um Akteure, die mit illegalen Aktivitäten wie Terrorismusfinanzierung, Geldwäsche oder schweren Menschenrechtsverletzungen in Verbindung gebracht werden.
Was bedeutet eine Listung auf einer Sanktionsliste?
Die Aufnahme einer Person oder eines Unternehmens in eine Sanktionsliste hat weitreichende Konsequenzen. Unternehmen dürfen solchen Personen weder direkt noch indirekt wirtschaftliche Ressourcen zur Verfügung stellen. Konkret bedeutet dies, dass alle Arten von Geschäften oder Transaktionen, die diesen Personen zugute kommen, verboten sind. Dazu gehören insbesondere
- Direktgeschäfte: Es ist verboten, Waren oder Dienstleistungen an sanktionierte Personen oder Unternehmen zu verkaufen oder von ihnen zu beziehen.
- Indirekte Unterstützung: Auch indirekte Unterstützung, z.B. durch Geschäftspartner oder Dritte, ist verboten. Unternehmen müssen sicherstellen, dass keine Gelder, Waren oder Dienstleistungen über andere Kanäle an sanktionierte Akteure gelangen.
Warum ist Sanktionslistenscreening so wichtig?
Die Prüfung von Sanktionslisten ist für Unternehmen unerlässlich, um schwerwiegende rechtliche und finanzielle Risiken zu vermeiden. Internationale und nationale Sanktionen sollen illegale Aktivitäten wie Terrorismusfinanzierung, Geldwäsche oder Menschenrechtsverletzungen verhindern. Sobald ein Unternehmen Geschäftsbeziehungen zu sanktionierten Personen, Unternehmen oder Organisationen aufnimmt, drohen empfindliche Strafen. Neben finanziellen Sanktionen drohen auch strafrechtliche Konsequenzen und ein erheblicher Reputationsverlust. Mit dem Screening schützen Unternehmen sich und ihre Geschäftspartner vor unbeabsichtigten Verstößen gegen Gesetze und Vorschriften.
Insbesondere für Unternehmen mit zollrechtlichen Bewilligungen, z.B. der vereinfachten Zollanmeldung ("Zugelassener Ausführer"), spielt das Screening zudem eine zentrale Rolle, um die mit der Bewilligung verbundenen Verpflichtungen gegenüber den Bewilligungsbehörden zu erfüllen.
Wie sollte Sanktionslistenscreening in Unternehmen umgesetzt werden
Eine allgemeingültige Lösung für die Durchführung eines Sanktionslistenscreenings gibt es nicht. Dazu ist jedes Unternehmen zu unterschiedlich und muss individuell betrachtet werden. Dazu ist eine detaillierte Risikoanalyse notwendig.
Um das Sanktionslistenscreening effizient und regelkonform durchzuführen, sollten Unternehmen folgende Punkte beachten:
- Einsatz automatisierter Prüfungs-Tools: Manuelle Prüfungen sind unzuverlässig und ineffizient. Unternehmen sollten moderne Softwarelösungen einsetzen, die automatisch und kontinuierlich alle relevanten Sanktionslisten mit den Geschäftspartnerdaten abgleichen. Diese Tools sind in der Lage, regelmäßig aktualisierte Sanktionslisten zu integrieren und bieten eine zuverlässige Prüfung, ohne potenziell risikobehaftete Geschäfte zu übersehen.
- Regelmäßige Überprüfung und Aktualisierung: Ein einmaliges Screening reicht nicht aus, da sich Sanktionslisten häufig und kurzfristig ändern. Unternehmen sollten sicherstellen, dass Geschäftspartner regelmäßig überprüft werden, insbesondere bei langfristigen Partnerschaften. Ein automatisiertes System stellt sicher, dass Änderungen zeitnah erkannt und notwendige Maßnahmen schnell ergriffen werden können.
- Dokumentation der Prozesse: Um bei Audits durch Behörden auf der sicheren Seite zu sein, sollten alle Screening-Ergebnisse und getroffenen Maßnahmen ordnungsgemäß dokumentiert und archiviert werden. Diese Nachweise sind notwendig, um im Falle von Verstößen die Einhaltung der gesetzlichen Verpflichtungen belegen zu können.
- Mitarbeiterschulungen: Alle betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind regelmäßig über die Exportkontrollvorschriften und den korrekten Umgang mit dem Sanktionslistenscreening zu schulen. Dies betrifft insbesondere Abteilungen wie Vertrieb, Einkauf und Exportmanagement. Die Schulungen stellen sicher, dass das Bewusstsein für die Bedeutung des Screenings im gesamten Unternehmen verankert wird.
Was bedeutet "regelmäßige" Überprüfung?
Grundlage für diese Entscheidung sollte eine Analyse der eigenen Geschäftspartnerstrukturen auf Basis der notwendigen Risikoanalyse im Rahmen eines internen Kontrollprogramms sein. Handelt es sich um B2B- oder B2C-Geschäft? Habe ich viele Einmalkunden oder langfristige Partnerschaften mit bekannten Großkonzernen? Wie lange dauert es von der Angebotsabgabe bis zur schlussendlichen Lieferung?
Hier ist es wichtig, dass Entscheidungen im Unternehmen getroffen werden.
Wie oft überprüfe ich meine Geschäftspartner gegen Sanktionslisten?
- Die zu überprüfenden Sanktionslisten werden regelmäßig aktualisiert, so dass jederzeit weitere Personen aufgenommen werden können. Entsprechend muss in Ihrem Unternehmen entschieden werden, wie oft Geschäftspartner überprüft werden sollen. Muss dies täglich geschehen? Reicht eine monatliche Überprüfung? Ist vielleicht sogar eine Prüfung im jährlichen Turnus ausreichend? Bei Geschäften mit ständig wechselnden Geschäftspartnern empfiehlt es sich, ein Sanktionslistenscreening bei jeder Transaktion durchzuführen. Ist der Kern der Geschäftspartner stabil und handelt es sich z.B. um Großkonzerne, kann die Prüfung ggf. nur in festgelegten Intervallen erfolgen.
Welche Events oder Belege dienen als Trigger für den Start einer erneuten Überprüfung?
- Ob ein Sanktionslistenscreening in der Angebotsphase, der Auftragsbestätigung, bei der Erstellung des Lieferscheins oder Rechnung oder erst kurz vor Auslieferung erfolgen sollte, ist ebenfalls von Unternehmen zu Unternehmen individuell zu bewerten. Hierbei spielt es unter Anderem eine Rolle, wie groß die Zeiträume zwischen Angebot, Auftrag und schlussendlicher Lieferung sind, da sich in der Zwischenzeit Änderungen an den Sanktionslisten ergeben haben könnten. Ebenfalls sollte insbesondere bei kostenintensiven Eigenproduktionen verhindert werden, dass erst bei Auslieferung ein möglicher Sanktionslistentreffer erkannt wird, der eine Auslieferung verhindert.
Konsequenzen bei Verstößen
Unternehmen, die kein effektives Sanktionslistenscreening durchführen, müssen mit massiven Konsequenzen rechnen:
- Hohe Geldstrafen: Die Bußgelder, die bei Verstößen gegen die Sanktionsbestimmungen verhängt werden, können in die Millionen gehen.
- Reputationsschaden: Negative Berichterstattung über Verstöße gegen Sanktionsvorschriften kann den Ruf eines Unternehmens erheblich schädigen und das Vertrauen von Kunden und Investoren zerstören.
- Verlust der ZA-Bewilligung: Für Unternehmen, die als "Zugelassener Ausführer" tätig sind, kann ein Verstoß gegen die Sorgfaltspflichten zum Verlust der Bewilligung führen. Dies bedeutet, dass der eigene Exportprozess erheblich behindert wird.
- Strafrechtliche Konsequenzen: Schwerwiegende Verstöße können auch strafrechtliche Konsequenzen bis hin zu Haftstrafen für die verantwortlichen Personen nach sich ziehen.
Fazit
Obwohl die meisten Unternehmen Ihre Geschäftspartner jahrelang screenen, ohne dabei einen echten Treffer zu entdecken, sollte ein Sanktionslistenscreening unbedingt durchgeführt werden.
Gerade in Zeiten, in denen Compliance-Verstöße schwerwiegende Folgen haben können, ist ein funktionierendes Sanktionslistenscreening für Unternehmen ein Muss. Es schützt nicht nur vor hohen Strafen und Reputationsverlust, sondern trägt auch dazu bei, verantwortungsvoll und nachhaltig zu wirtschaften. Durch den Einsatz geeigneter Systeme und die Etablierung klarer Prozesse können Unternehmen mit geringem Aufwand sicherstellen, dass sie jederzeit den Überblick über ihre Geschäftspartner behalten und das Risiko von Sanktionen minimieren.
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Autor: Tim Mayer - Leiter Training & Beratung