19.09.2025 | reading time


Projekt „Zoll 2030“: Modernisierung der Zollverwaltung – Auswirkungen, Chancen und To‑dos

Projekt „Zoll 2030“ Modernisierung der Zollverwaltung – Auswirkungen, Chancen und To‑dos

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) treibt mit der Strategie „Zoll 2030“ eine umfassende Modernisierung der deutschen Zollverwaltung voran. Zielbilder sind eine spürbare Stärkung des Beitrags zur inneren Sicherheit, eine wettbewerbsfähige Wirtschafts- und Abfertigungsadministration sowie effizientere, stärker automatisierte Prozesse.


Strategische Zielsetzung und Kernmaßnahmen

Die offizielle BMF-Strategieseite und amtliche Publikationen zeichnen ein klares Maßnahmenbild:

Die Strategie „Zoll 2030“ verfolgt das Ziel, die deutsche Zollverwaltung grundlegend zu modernisieren und ihre Leistungsfähigkeit in einer zunehmend komplexen globalen Handels- und Sicherheitslandschaft zu stärken. Im Mittelpunkt steht die Ausrichtung der Generalzolldirektion (GZD) auf zwei zentrale Fachstränge: „Wirtschaft und Einnahmen“ sowie „Sicherheit und Vollzug“. Diese Neustrukturierung soll durch die Verschlankung und Zusammenlegung bestehender Direktionen erreicht werden, um Entscheidungswege zu verkürzen und die Effizienz zu erhöhen.

Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Stärkung der Ortsbehörden. Hierzu sollen freie Dienstposten gezielt eingesetzt werden, um die operative Präsenz vor Ort zu sichern. Parallel dazu werden die Ermittlungs- und Vollzugskompetenzen gebündelt. Die bisher getrennt agierenden Einheiten – Zollfahndungsdienst, Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) und Kontrolleinheiten – werden zusammengeführt. Erste Schritte in diese Richtung sind bereits erfolgt, etwa durch die Einrichtung gemeinsamer regionaler Ermittlungszentren im Rahmen der OK-Strategie.

Auch die Ausbildung erfährt eine grundlegende Reform: Für den Vollzugsbereich wird ein eigener Studiengang eingeführt, um die Qualifikation des Personals langfristig zu sichern. Ergänzend wird ein Lage- und Krisenzentrum innerhalb der GZD geschaffen, das direkt der Leitung unterstellt ist und die Reaktionsfähigkeit in Krisensituationen erhöhen soll.

Darüber hinaus setzt die Strategie auf eine umfassende Modernisierung der Zollabfertigung. Dies umfasst die stärkere Automatisierung der Prozesse sowie eine Konzentration der Zollämter, um Ressourcen effizienter zu nutzen. Schließlich wird eine stärkere Internationalisierung angestrebt, verbunden mit einem systematischen Benchmarking in allen relevanten Bereichen, um die Zollverwaltung im internationalen Vergleich wettbewerbsfähig zu halten.


Strukturentscheidungen 2025: Architektur und Zeitpfad

Am 1. Juli 2025 traf der Lenkungsausschuss im BMF zentrale Entscheidungen zur künftigen Architektur der Zollverwaltung – ein Meilenstein für „Zoll 2030“. Kernelemente:

  • In der GZD entsteht ein Leitungskollegium mit vier Vizepräsidien für „Wirtschaft und Einnahmen“, „Sicherheit und Vollzug“, „Zentrale Verwaltung und Bildung“ sowie „Digitalisierung/ Zentrales Rechnungswesen/ Service Center“.
  • Fusion der Hauptzollämter und Zollfahndungsämter zu gemeinsamen Ortsbehörden; Reduktion von bisher 49 auf künftig 41 Ortsbehörden.
  • Gesetzliche Anpassungen sind erforderlich: Ein Gesetzentwurf soll nach dem 30. September 2025 in den Bundestag eingebracht werden. Konkrete strukturelle Maßnahmen sind nicht vor Q3 2026 zu erwarten.

Zeitliche Einordnung und Umsetzungslogik

Die BMF-Kommunikation nennt erste Ergebnisse im Laufe des Jahres 2025 und betont die fortlaufende Modernisierungsoffensive.

Gleichzeitig gilt: Strukturreformen benötigen gesetzliche Grundlagen, Übergangsfristen und Anpassungen in IT, Organisation und Personalentwicklung. Daher ist ein mehrjähriger, stufenweiser Roll-out realistisch – mit Pilotierungen/ Zwischenergebnissen vor der breiten Umsetzung der Zielstruktur.


Perspektive der Wirtschaft: Chancen und Risiken

Aus Sicht der Wirtschaft bietet die Strategie „Zoll 2030“ sowohl erhebliche Chancen als auch nicht zu unterschätzende Risiken. Positiv bewertet wird vor allem die geplante Modernisierung der Strukturen und die stärkere Digitalisierung der Zollprozesse. Unternehmen erwarten dadurch eine effizientere Abwicklung, kürzere Bearbeitungszeiten und eine verbesserte Transparenz in der Kommunikation mit den Zollbehörden. Auch die Bündelung von Ermittlungs- und Vollzugskompetenzen kann zu klareren Zuständigkeiten und einer höheren Rechtssicherheit beitragen.

Gleichzeitig bestehen jedoch Bedenken hinsichtlich der praktischen Umsetzung. Die geplante Konzentration von Zollämtern könnte für Unternehmen in ländlichen Regionen längere Wege und höhere logistische Aufwände bedeuten. Hinzu kommt die Sorge, dass zusätzliche Gebühren oder neue administrative Anforderungen insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen belasten könnten. Wirtschaftsverbände fordern daher, dass die Reform nicht nur technisch, sondern auch organisatorisch praxistauglich gestaltet wird. Ein zentrales Anliegen ist, dass digitale Lösungen nicht als „digitaler Briefkasten“ enden, sondern als vollwertige operative Plattformen mit echtem Mehrwert für die Unternehmen entwickelt werden.

Damit die Chancen überwiegen, ist eine enge Einbindung der Wirtschaft in den Reformprozess entscheidend. Transparente Kommunikation, realistische Übergangsfristen und eine konsequente Ausrichtung an den Bedürfnissen der Unternehmen sind Schlüsselfaktoren für den Erfolg von „Zoll 2030“.


Fazit

„Zoll 2030“ setzt die Leitplanken für eine leistungsfähige, digitalere und sicherheitsstärkende Zollverwaltung. Der Nutzen für Wirtschaft und Verwaltung entsteht, wenn Praxistauglichkeit, Personal- und IT‑Ausstattung und Standardisierung konsequent mitwachsen. Unternehmen, die frühzeitig Prozesse, Datenhaushalt und Governance ausrichten, sichern Wettbewerbsfähigkeit und Rechtssicherheit – und sind für die kommenden Jahre belastbar aufgestellt.


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Autor: Tim Mayer- Leiter Training & Beratung

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