
Bei verderblichen Waren sind einige besondere Aspekte zu beachten, da diese (wie frisches Obst, Gemüse, Fleisch, Fisch, Molkereiprodukte etc.) besonders zeit- und temperatursensibel sind. Die Wahl der richtigen Incoterms® kann sich entscheidend auf das Risiko, die Kosten und die Verantwortung für Transport und Qualitätssicherung auswirken.
Besondere Anforderungen bei verderblichen Waren:
Damit verderbliche Waren sicher und in einwandfreiem Zustand beim Empfänger ankommen, müssen folgende Punkte besonders beachtet werden:
- Eine kurze Transportzeit ist entscheidend, um die Ware frisch zu halten.
- Die Kühlkette muss ununterbrochen eingehalten werden.
- Eine schnelle Zollabfertigung ist wichtig, um Verzögerungen zu vermeiden. Dafür müssen die Zollunterlagen vollständig sein und neben den Gesundheitszeugnissen auch genaue Angaben zu Herkunft, Warentarifnummer und Warenwert enthalten.
- Der Zeitpunkt des Risikoübergangs, ab dem der Käufer das Risiko für Verderb oder Verlust trägt, muss klar geregelt sein.
Geeignete Incoterms® für verderbliche Waren
Je nach gewünschter Risikoverteilung und logistischer Kontrolle eignen sich bestimmte Incoterms® besonders gut für den Transport verderblicher Güter:
CPT (Carriage Paid To) / CIP (Carriage and Insurance Paid To)
- Der Verkäufer zahlt den Transport bis zum angegebenen Ort.
- Das Risiko geht bereits mit der Übergabe an den ersten Frachtführer auf den Käufer über.
- Dies ist die richtige Wahl, wenn der Käufer die Verantwortung für die Qualität während des Transports übernehmen möchte.
DAP (Delivered At Place) / DDP (Delivered Duty Paid)
- Der Verkäufer trägt die Kosten und das Risiko bis zum benannten Ort (DAP) und zahlt auch alle Zölle und Steuern (DDP).
- Diese Lieferbedingung ist besonders für verderbliche Waren geeignet, da der Verkäufer die Kontrolle über die gesamte Lieferkette behält – inklusive Kühlung und Fristwahrung.
FOB (Free On Board), CFR (Cost and Freight), CIF (Cost, Insurance and Freight)
- Das Risiko geht über, sobald die Ware an Bord des Schiffs ist (FOB/CFR/CIF).
- Für sehr verderbliche Waren ist es weniger geeignet, da bei Hafenverzögerungen beispielsweise das Risiko bereits beim Käufer liegt.
Weniger geeignete Incoterms:
Einige Incoterms® sind für den Transport verderblicher Waren nur bedingt oder gar nicht geeignet, da sie zu hohe Risiken für Qualitätseinbußen mit sich bringen:
- EXW (Ex Works): Der Käufer trägt alle Risiken und Kosten ab Werk. Das Risiko einer Unterbrechung der Kühlkette ist hoch.
- FCA (Free Carrier): Das Risiko geht beim ersten Frachtführer über. Wie bei CPT ist es problematisch, wenn der Käufer nicht für die Kühlkette sorgt.
Empfehlung:
Bei verderblichen Waren empfiehlt sich in der Regel ein Incoterm, bei dem der Verkäufer die Kontrolle über Transport und Kühlkette bis zum Zielort behält, beispielsweise DAP oder DDP, insbesondere bei temperatursensiblen Lebensmitteln, bei denen Qualität und Frische entscheidend sind.
Tipp:
In der Praxis sollte im Kaufvertrag zusätzlich zu den Incoterms® auch klar geregelt werden:
- Temperaturgrenzen während des Transports.
- Verantwortung für Verpackung und Kühltechnik. Insbesondere die Verpackung ist unabhängig vom Incoterm durch den Verkäufer zu organisieren.
- Rücknahme- oder Haftungsregelungen bei Verderb.
Beispielklausel DAP (Delivered at Place)
Ein Beispiel für eine vertragliche Formulierung bei Lieferung unter DAP-Bedingungen:
Lieferbedingung:
DAP – Großmarkt München, Deutschland, Incoterms® 2020
Die Lieferung erfolgt gemäß Incoterms® 2020 unter der Klausel DAP Großmarkt München, Deutschland. Der Verkäufer trägt sämtliche Transportkosten inklusive Kühltransport bis zum benannten Bestimmungsort. Mit Bereitstellung der Ware am benannten Ort (Großmarkt München) geht das Risiko des Verlusts oder der Beschädigung der Ware auf den Käufer über. Die Ware ist während des gesamten Transports bei einer konstanten Temperatur zwischen
1 °C und 4 °C zu halten. Der Verkäufer ist für die Einhaltung der Kühlkette sowie für die sachgemäße Verpackung verantwortlich. Daher sollte jeder Sendung ein Temperaturdatenlogger beigefügt werden. Verzögert sich die Übergabe durch Ursachen im Einflussbereich des Käufers, so trägt dieser das Risiko für Qualitätseinbußen durch die Verzögerung.
Beispiel zu CIP
(Carriage and Insurance Paid To)
Eher kritisch bei verderblicher Ware, da das Risiko auf den Käufer übergeht, sobald die Ware an Bord ist. Trotzdem denkbar z. B. bei konservierten oder tiefgekühlten Lebensmitteln, die lange haltbar sind.
Lieferbedingung:
Lieferung gemäß CIF – Hafen Rotterdam, Niederlande, Incoterms® 2020
Der Verkäufer übernimmt die Kosten für Seefracht und Transportversicherung bis zum Hafen Rotterdam.
Das Risiko des Verlusts oder der Beschädigung der Ware geht beim Verladen an Bord des Schiffs auf den Käufer über.
Die Ware wird in temperaturgeführten Containern
(-18 °C für TK-Ware) transportiert.
Die Verantwortung für die Weiterbeförderung und Zollabwicklung liegt beim Käufer.
Beispielklausel CIF (Cost, Insurance, Freight)
Lieferbedingung:
CIF – Hafen Rotterdam, Niederlande, Incoterms® 2020
Der Verkäufer übernimmt die Kosten für Seefracht und Transportversicherung bis zum Hafen Rotterdam.
Das Risiko des Verlusts oder der Beschädigung der Ware geht beim Verladen an Bord des Schiffs auf den Käufer über.
Die Ware wird in temperaturgeführten Containern (-18 °C für TK-Ware) transportiert.
Die Verantwortung für die Weiterbeförderung und Zollabwicklung liegt beim Käufer.
Beispiel zu EXW (Ex Works)
Nur in Ausnahmefällen zu empfehlen, da der Käufer die komplette Verantwortung übernimmt. Bei verderblichen Waren meistens nicht geeignet.
Lieferbedingung:
EXW – Werk des Verkäufers, Murcia, Spanien, Incoterms® 2020
Lieferung gemäß EXW – Werk des Verkäufers, Murcia, Spanien, Incoterms® 2020.
Der Käufer übernimmt alle Kosten und Risiken ab Bereitstellung der Ware im Werk.
Die Einhaltung der Kühlkette sowie die Organisation des Transports liegt vollständig im Verantwortungsbereich des Käufers.
Wegen der empfindlichen Natur verderblicher Waren ist EXW nicht empfehlenswert, da der Verkäufer keinerlei Verantwortung für die Qualität während des Transports trägt.
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Autor: Dominik Wiedmann - Senior Consultant Training & Beratung