
Die EU-Entwaldungsverordnung (EUDR, Verordnung (EU) 2023/1115) verfolgt ein klares Ziel: Produkte, die mit Entwaldung oder Waldschädigung in Verbindung stehen, sollen künftig nicht mehr in den EU-Binnenmarkt gelangen oder aus der Union exportiert werden dürfen.
Betroffen sind zahlreiche Rohstoffe – von Holz über Kakao bis Soja – sowie unzählige Erzeugnisse entlang globaler Lieferketten. Auch wenn die Verordnung bereits seit 2023 gilt, wurde die praktische Anwendung auf Ende 2025 verschoben. Gleichzeitig veröffentlichte die EU-Kommission im Mai 2025 erstmals das Länder-Benchmarking, das künftig maßgeblich über Prüfpflichten entscheidet.
Hintergrund: Warum eine Entwaldungsverordnung?
Zwischen 1990 und 2020 gingen weltweit mehr als 420 Millionen Hektar Wald verloren, überwiegend durch Umwandlung in landwirtschaftlich genutzte Flächen. Die EU ist ein bedeutender Importeur von Rohstoffen, die diese Entwicklung vorantreiben. Mit der EUDR verpflichtet sie sich erstmals verbindlich, entwaldungsfreie Lieferketten sicherzustellen – durch Rückverfolgbarkeit, Nachweispflichten und geografische Kontrolle.
Welche Produkte fallen unter die Verordnung?
Die EUDR betrifft folgende Rohstoffe und eine Vielzahl davon abgeleiteter Produkte. Diese definieren sich über die Einreihung der Produkte in den Zolltarif.
Hiervon betroffen sind:
Rohstoffe
- Holz, Rind, Soja, Palmöl, Kakao, Kaffee, Kautschuk
Produkte
- Möbel, Papier, Lederwaren, Schokolade, Reifen, Holzkohle, u. v. m.
Sobald ein betroffenes Erzeugnis in der Lieferkette auftaucht – selbst als Nebenbestandteil –, greift die Verordnung.
Die vollständige Liste der betroffenen Produkte steht in Anhang I der Verordnung.
Geltungsbeginn: Was gilt ab wann?
Die EUDR trat bereits am 29. Juni 2023 in Kraft. Sie verpflichtet Unternehmen ab Ende 2024, vor dem Inverkehrbringen oder Export eine Sorgfaltserklärung (Due Diligence Statement) über ein zentrales EU-Informationssystem (IMS) abzugeben – inklusive GPS-Daten, Rechtskonformitätsprüfung und Risikobewertung.
Praktische Verschiebung auf Ende 2025
Im Dezember 2024 hat die EU-Kommission jedoch angekündigt, dass das zentrale IT-System nicht rechtzeitig einsatzfähig sein werde. Damit wurde die praktische Durchsetzung der Verordnung faktisch auf den 30. Dezember 2025 verschoben. Begründet wurde dies mit der Komplexität der Systementwicklung und dem Wunsch, den Unternehmen ausreichend Vorbereitungszeit zu geben.
Wichtig: Die Verordnung selbst wurde nicht geändert – die rechtliche Verpflichtung besteht formal weiter.
Neue Risikokategorisierung: Das Länder-Benchmarking 2025
Im Mai 2025 veröffentlichte die EU-Kommission erstmals das sogenannte Länder-Benchmarking gemäß Artikel 29 EUDR. Dieses stuft Länder oder Regionen anhand ihres Entwaldungsrisikos ein und bestimmt damit, wie tiefgreifend Unternehmen prüfen müssen.
Drei Risikostufen
Niedriges Risiko
- Vereinfachte Sorgfaltspflicht
Standardrisiko
- Volle Sorgfaltspflicht
Hohes Risiko
- Verstärkte Prüfungspflichten und häufigere Kontrollen
Unternehmen müssen je nach Herkunftsland der Rohstoffe ihre Due Diligence anpassen. Auch Behörden werden ihre Kontrollen danach staffeln.
Was genau müssen Unternehmen leisten?
Bevor Unternehmen betroffene Produkte "inverkehrbingen" müssen sie eine Sorgfaltserklärung (Due Diligence Statement) über das EU-IMS einreichen. Diese enthält:
- Geolokalisierung jeder Erzeugungsfläche
- Nachweis, dass keine Entwaldung nach dem 31.12.2020 erfolgte
- Rechtskonformität im Herkunftsland (u. a. Landrechte, Umweltrecht)
- Risikobewertung und ggf. Risikominderungsmaßnahmen
Ohne diese Erklärung dürfen Produkte nicht importiert oder exportiert werden.
Kontrollpflichten und Sanktionen
Die nationale Umsetzung erfolgt über zuständige Behörden – in Deutschland durch das Bundesamt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE). Dieses wird unter anderem durch die Zollverwaltung unterstützt.
Die Häufigkeit der Kontrollen richten sich nach den jeweiligen Risikostufen:
- 9 % der Unternehmen jährlich prüfen (Standardrisiko)
- 15 % der Unternehmen bei Hochrisikostufen
- 1 % der Mengen bei niedrigem Risiko
Bei Verstößen drohen mögliche Sanktionen:
- Vermarktungsverbot
- Bußgelder bis 4 % des Jahresumsatzes
- Einziehung oder Vernichtung betroffener Waren
- Ausschluss von öffentlichen Aufträgen
- Veröffentlichung von Verstößen
Fazit
Die EU-Entwaldungsverordnung bringt enorme Umwälzungen für internationale Lieferketten. Trotz der faktischen Verschiebung bis Ende 2025 sollten Unternehmen keinesfalls abwarten – denn die rechtlichen Pflichten bestehen bereits.
Wer jetzt in Rückverfolgbarkeit, Transparenz und Lieferantenmanagement investiert, verschafft sich einen entscheidenden Vorteil – nicht nur im Hinblick auf die EUDR, sondern auch auf kommende ESG-Anforderungen.
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Autor: Tim Mayer - Leiter Training & Beratung