11.04.2025 | Lesezeit


EORI-Nummer in falschen Händen: Wie Unternehmen sich vor Missbrauch schützen können

EORI-Nummer in falschen Händen: Schutz vor Missbrauch

Die EORI-Nummer (Economic Operators Registration and Identification Number) ist ein zentrales Element im internationalen Handel. Unternehmen benötigen sie für fast alle Zollabfertigungen mit Ländern außerhalb der EU, denn sie identifiziert das Unternehmen gegenüber den Zollbehörden.

Was viele nicht wissen: Die EORI-Nummer kann ohne Wissen des Unternehmens von Dritten verwendet werden - zum Beispiel von Lieferanten, Spediteuren oder Logistikdienstleistern. In der Praxis kommt dies häufiger vor als vermutet - und kann zu erheblichen rechtlichen und finanziellen Risiken führen.


Besonders kritisch: DDP-Importe mit versteckter EORI-Nutzung

Ein besonders sensibler Bereich ist der Import unter der Lieferbedingung DDP (Delivered Duty Paid). Hier übernimmt der ausländische Lieferant alle Einfuhrabgaben und die Zollanmeldung. So weit, so gut - doch oft wird dabei stillschweigend die EORI-Nummer des EU-Unternehmens als Anmelder verwendet, obwohl dieses weder von der Anmeldung weiß, noch um Erlaubnis gefragt wurde. Oft liegt auch keine gültige Zollvollmacht vor.

Warum ist das ein Problem?

  • Das EU-Unternehmen tritt gegenüber dem Zoll als Anmelder in der Zollanmeldung auf – inklusive aller rechtlichen Konsequenzen.
  • Da die Kosten und Organisation beim Lieferanten liegen, erfährt das EU-Unternehmen häufig nicht einmal, dass seine EORI-Nummer verwendet wurde.
  • Kommt es zu Verstößen gegen Vorschriften oder Nachforderungen, ist nicht der Lieferant, sondern der Anmelder in der Pflicht – also das betroffene EU-Unternehmen.

Beispiel: Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM)

Die CBAM-Anforderungen der EU stellen auf den in der Zollanmeldung angegebenen Anmelder (alternativ seinen indirekten Vertreter) ab. Verwendet der Lieferant bei einem DDP-Import ungefragt die EORI-Nummer des EU-Unternehmens, wird dieses - ohne darüber informiert worden zu sein - CBAM-pflichtig. Das Risiko: Nicht abgegebene CBAM-Meldungen, Bußgelder und regulatorische Konsequenzen.

Weitere Risiken

  • Zahlungsausfall des Lieferanten: Zahlt der Lieferant Einfuhrabgaben nicht, kann sich der Zoll unter Umständen an den Anmelder – also das ahnungslose EU-Unternehmen - halten.
  • Nichteinhaltung von Zoll- oder Produktsicherheitsvorschriften: Diese Verantwortung liegt in der Regel bei dem Anmelder – nicht bei dem tatsächlichen Versender.

Kurzum: Wer DDP akzeptiert, ohne die Zollanmeldung zu kontrollieren, setzt sich ggf. unkalkulierbaren Risiken aus - insbesondere, wenn dabei unbemerkt die eigene EORI-Nummer verwendet wird.


Warum kann so etwas passieren?

Die EORI-Nummer wird oft unbedacht an Lieferanten oder Spediteure weitergegeben – oder sie ist bereits aus frühere Vorgängen bekannt. Da es in Deutschland aktuell weder eine technische Sperre oder Prüfung gibt, ob der tatsächliche EORI-Inhaber der Verwendung zugestimmt hat, kann die Nummer in jeder beliebigen Zollanmeldung auftauchen.

Problematisch dabei:

  • Keine automatische Benachrichtigung, keine Transparenz.
  • Keine vorherige Genehmigungspflicht für Dritte.
  • Hohe Hürden für nachträglichen Nachweis, dass der Einsatz unberechtigt war.

Was Großbritannien besser macht

Im Vereinigten Königreich können Unternehmen über den Customs Declaration Service (CDS) aktiv steuern, wer ihre EORI-Nummer verwenden darf - und haben die Möglichkeit, sofort über jede Verwendung der eigenen EORI-Nummer informiert zu werden.

So werden DDP-Importe mit unberechtigter Anmeldung sofort sichtbar und unterbunden - ein entscheidender Vorteil gegenüber dem intransparenten System innerhalb der EU.


Handlungsempfehlung: So schützen Sie sich konkret

  • DDP kritisch prüfen: Vermeiden Sie DDP insbesondere bei sensiblen Waren, regulatorisch relevanten Produkten oder bei neuen Lieferanten. Bestehen Sie auf andere Lieferbedingungen, um jederzeit Kontrolle über die Einfuhr-Zollanmeldung zu behalten.
  • EORI-Nutzung vertraglich regeln: Wenn DDP akzeptiert wird, sollte im Vertrag ausdrücklich geregelt werden, dass der Lieferant nicht die EORI-Nummer des Empfängers verwenden darf – und dass eine eigene EORI genutzt werden muss.
  • Zollanmeldungen einsehen: Fordern Sie nach jedem DDP-Import eine Kopie der Importzollanmeldung an, um zu prüfen, ob Ihre EORI-Nummer verwendet wurde.
  • Interne Prozesse anpassen: Erstellen und kommunizieren Sie klare Regeln, wer im Unternehmen berechtigt ist die eigene EORI-Nummer zu verwenden und diese an Dritte weiterzugeben. Sensibilisieren Sie über mögliche Folgen.
Alle Tipps als Guideline hier zum Download

Fazit: Unwissenheit schützt nicht vor Verantwortung

Die EORI-Nummer ist ein hochsensibler Identifikator – gerade bei DDP-Importen kann sie unbemerkt zu rechtlichen Verpflichtungen führen, die dem Unternehmen nie bewusst waren. Mit den neuen EU-Vorschriften wie CBAM wird die Bedeutung des „Anmelders“ immer relevanter – und damit auch das Risiko, durch Dritte in diese Rolle gedrängt zu werden.

Sehen Sie DDP nicht als bequeme Lösung, sondern als potenzielles Risiko. Fordern Sie volle Transparenz bei allen Zollanmeldungen, sichern Sie sich vertraglich ab – und behalten Sie die Kontrolle über Ihre EORI-Nummer.


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Autor: Tim Mayer - Leiter Training & Beratung

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