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OFAC Civil Penalties

Das Office of Foreign Assets Control (OFAC) des US-Finanzministeriums ist zentrale Vollzugsbehörde für die US-Sanktionspolitik. Verstöße gegen OFAC-Vorschriften können zu erheblichen zivilrechtlichen Geldbußen (Civil Monetary Penalties, CMPs) sowie zu administrativen oder strafrechtlichen Folgemaßnahmen führen. Vor dem Hintergrund zunehmend technisierter Lieferketten und global vernetzter IT-Infrastrukturen ist die Bedeutung dieser Durchsetzungsmaßnahmen für Zoll-, Export- und Compliance-Verantwortliche besonders hoch.


Rechtliche Grundlagen und Leitlinien

Die Durchsetzungsbefugnis von OFAC stützt sich auf mehrere Bundesgesetze, unter anderem:

  • International Emergency Economic Powers Act (IEEPA)
  • Trading With the Enemy Act (TWEA)
  • Foreign Narcotics Kingpin Designation Act (FNKDA)
  • Antiterrorism and Effective Death Penalty Act (AEDPA)
  • Clean Diamond Trade Act (CDTA)

Das Verfahren zur Bewertung von Verstößen und die Faktoren zur Bemessung von Sanktionen sind in den Economic Sanctions Enforcement Guidelines (Appendix A zu 31 C.F.R. Part 501) formuliert. Diese Guidelines liefern das Rahmensystem, mit dem OFAC Einzelfälle einordnet, kategorisiert und Sanktionen festsetzt.


Grundprinzipien der Bußgeldbemessung

Für die Höhe zivilrechtlicher Bußgelder gelten zwei konkurrierende Maßstäbe:

  • der gesetzlich bestimmte Höchstbetrag pro Verstoß (der regelmäßig an die Inflation angepasst wird), oder
  • das Zweifache des Wertes der zugrundeliegenden Transaktion, je nachdem, welcher Betrag höher ist.

Zusätzlich unterscheidet OFAC nach der Schwere des Verstoßes (z. B. „egregious“ vs. „non-egregious“) und berücksichtigt bei der Bemessung eine Reihe von Milderungs- bzw. Erschwerungsfaktoren (s.u.). Die Anpassungen der Höchstbeträge erfolgen jährlich auf Grundlage des Federal Civil Penalties Inflation Adjustment Act.


Konkrete Höchstbeträge (Stand 2025)

Die inflationsbereinigten Höchstbeträge, wie sie in Appendix A / dem Federal Register ausgewiesen sind, lauten (Auswahl):

  • IEEPA: Größerer Betrag aus 377.700 USD oder dem Zweifachen des Transaktionswerts.
  • TWEA: 111.308 USD pro Verstoß.
  • FNKDA: 1.876.699 USD pro Verstoß.
  • AEDPA: Größerer Betrag aus 99.703 USD oder dem Zweifachen des relevanten Betrags.

(Die Anpassungen traten mit der entsprechenden Final Rule in Kraft; die Zahlen gelten für im Zeitraum nach dem angegebenen Wirksamkeitsdatum beurteilte Maßnahmen.)


Einstufung der Verstöße und maßgebliche Faktoren

Bei der Bewertung eines Verstoßes werden die General Factors der Enforcement Guidelines herangezogen. Wichtige Aspekte sind unter anderem:

  • Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit gegenüber geltenden Sanktionen;
  • Bewusstsein und Schulungsstand betroffener Mitarbeitender;
  • Schaden an den Zielen der Sanktionen;
  • Größe und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des betroffenen Unternehmens;
  • Existenz, Umfang und Wirksamkeit eines Compliance-Programms;
  • Kooperation sowie Umfang und Qualität von Abhilfemaßnahmen;
  • Selbstanzeige (Voluntary Self-Disclosure) und zeitnahe Korrekturhandlungen.

Ein „egregious“ Befund führt regelmäßig zu deutlich höheren CMP-Anforderungen; dies kann durch fehlende Compliance-Strukturen, wiederholte Verstöße oder bewusste Umgehung begründet werden.


Selbstanzeige (Voluntary Self-Disclosure) und Milderung

Die freiwillige Selbstanzeige gilt als eines der wirksamsten Milderungsinstrumente. Wird eine mögliche Verletzung proaktiv an OFAC gemeldet, bevor eine externe Untersuchung eingeleitet wurde, wirkt sich dies in der Regel positiv auf die finale Strafbemessung aus. Darüber hinaus kann umfassende Kooperation (umfangreiche und zeitnahe Übergabe von Informationen, Nachbesserungen und Compliance-Verbesserungen) zu weiteren Reduktionen führen. Die Praxis zeigt, dass transparente Selbstanzeige kombiniert mit glaubwürdigen Compliance-Verbesserungen zu erheblichen Erleichterungen bei der Sanktionserhebung führen kann.


Praxisfall: Binance (Beispiel für Durchsetzungsintensität)

Ein markantes Beispiel ist das OFAC-Settlement mit Binance aus November 2023, bei dem das Unternehmen eine Vereinbarung in Höhe von rund 968,6 Mio. USD zur Beilegung von Sanktionsvorwürfen traf. Der Fall illustriert mehrere Kernpunkte: großvolumige, wiederholte Einzelfälle können zu Komposit-Strafen in hoher Größenordnung führen; Auflagen wie Monitorschaften und umfassende Compliance-Auflagen sind Teil moderner Settlement-Praxis. Für Zoll- und Exportverantwortliche bedeutet dies: Systematische Schwachstellen insbesondere in Screening, Know-Your-Customer oder IT-Logging können erhebliches finanzielles und reputatives Risiko nach sich ziehen.


Maßnahmen und Konsequenzen über Geldbußen hinaus

Zur Sanktionierung kommen neben Geldstrafen häufig weitere Maßnahmen in Betracht:

  • Administrative Anordnungen (z. B. Cease-and-Desist, Findings of Violation, Cautionary Letters)
  • Lizenzentzug oder Einschränkungen für künftige Transaktionen
  • Verweisung an das DOJ mit der Folge möglicher strafrechtlicher Verfolgung (Geldstrafen, Freiheitsstrafen, Asset Forfeiture)
  • Auflagen wie Monitorschaften oder verpflichtende Compliance-Programme im Rahmen von Settlement-Vereinbarungen.

Die Gesamtrisiken umfassen damit finanzielle Belastungen, operative Beschränkungen und erhebliche Reputationsschäden.


Konkrete Empfehlungen für Zoll-/Außenhandelsverantwortliche (Praktische Checkliste)

Zur Reduktion von Risiko und zur Vorbereitung auf mögliche Prüfungen empfiehlt sich ein priorisiertes Maßnahmenpaket:

  • Sanktionslisten-Screening: Automatisierte Überprüfung aller Geschäftspartner und relevanter Personen; regelmäßige Aktualisierung der Listen.
  • Transaktions- und Routing-Checks: Identifikation von US-Bezügen (Zahlungswege, US-Personen, US-Server, US-Software/Cloud).
  • Dokumentation & Nachweisführung: Vollständige, revisionsfähige Archivierung von Screening-Logs und Entscheidungsgrundlagen.
  • Risikobasierte Due Diligence: Höhere Prüfintensität bei Hochrisikoregionen, sensiblen Gütern/Technologien oder neuen IT-Beziehungen.
  • Compliance-Organisation: Klar definierte Verantwortlichkeiten, Melde- und Eskalationspfade (inkl. Notfallkontakt für Self-Disclosure).
  • Schulung & Awareness: Regelmäßige, zielgruppenspezifische Trainings für Beschaffung, Logistik, IT und Vertrieb.
  • Technische Kontrollen: Logging, ACLs, geographische Beschränkungen in Cloud-Diensten, Data-Loss-Prevention (DLP).
  • Testing & Monitoring: Interne Audits, Penetration Tests für IT-Kontrollen und stichprobenartige Compliance-Reviews.
  • Proaktive Kommunikation: Frühzeitige Abstimmung mit Rechtsberatung bei Unsicherheiten; bei relevanten Fällen rechtzeitig über eine Self-Disclosure-Strategie nachdenken.

Diese Maßnahmen sind nicht abschließend, bieten aber eine belastbare Grundlage zur Risikoreduktion und zur Nachweiserbringung gegenüber Aufsichtsbehörden.


Schlussfolgerung

Die OFAC-Durchsetzung hat Reichweite und Gewicht: Zivilrechtliche Bußgelder können beträchtlich sein, flankierende administrative Maßnahmen und mögliche strafrechtliche Folgen erhöhen die Risiken. Für Unternehmen im internationalen Handel und speziell für Zoll- sowie Exportkontrollverantwortliche ist ein robustes, dokumentiertes und risikoorientiertes Compliance-Regime unverzichtbar. Prävention, transparente Selbstanzeige und glaubwürdige Korrekturmaßnahmen sind Kernelemente einer wirksamen Verteidigung gegen die finanziellen und reputativen Folgen von Sanktionsverstößen. Die strategische Implementierung technischer, organisatorischer und personeller Kontrollen reduziert nicht nur die Wahrscheinlichkeit von Verstößen, sondern verbessert zugleich die Handlungsfähigkeit im Falle einer behördlichen Prüfung.

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