Exportkontrolle in Forschung und Wissenschaft – Leitfaden für Forschungseinrichtungen
Einleitung
Dieser Leitfaden richtet sich an wissenschaftliches Personal an Hochschulen sowie an außeruniversitären Forschungseinrichtungen. Ziel ist es, Orientierung zu bieten, Risiken zu erkennen und gesetzeskonform zu handeln. Der Fokus liegt auf der präventiven Einbindung von Exportkontrollmaßnahmen in den Forschungsalltag, um sowohl rechtliche als auch ethische Vorgaben einzuhalten.
Zentrale Fragen
- Welche Tätigkeiten in Forschung und Lehre sind exportkontrollrelevant?
- Welche Pflichten bestehen für einzelne Personen und Institutionen?
- Wann sollte eine Rücksprache mit der internen Exportkontrollstelle erfolgen?
- Welche Hilfsmittel stehen für die Risikobewertung zur Verfügung?
Grundlagen der Exportkontrolle
Exportkontrollen dienen der Prävention außen- und sicherheitspolitischer Risiken. Ziel ist die Verhinderung des Missbrauchs von Forschung für:
- militärische Anwendungen,
- Herstellung von Massenvernichtungswaffen,
- Verletzungen von Menschenrechten oder Repressionen.
Regelungen betreffen den grenzüberschreitenden Transfer von Technologien, Software, Materialien sowie das weitergegebene Know-how. Dabei ist es unerheblich, ob die Forschung zivil orientiert ist. Die Vorschriften gelten gleichermaßen für einzelne Personen und Institutionen.
Sensible Technologien und Dual-Use-Güter
Dual-Use-Güter sind Güter, die sowohl zivil als auch militärisch genutzt werden können. Beispiele umfassen:
- Hochpräzise Geräte aus Medizintechnik oder Materialwissenschaften
- Forschungsausrüstung, Prototypen, Laborgeräte
- Software, Datensätze und technologisches Know-how, das geteilt wird
Beispiele praxisrelevanter Situationen
- Mitnahme von Laptops oder Laborgeräten ins Ausland
- Versand sensibler Daten per E-Mail
- Bereitstellung von Rechenleistung für ausländische Partner
- Versand biologischer Proben oder Quellcodes
- Gastaufenthalte von Forschenden aus sanktionierten Staaten
Eine Genehmigungspflicht kann bestehen, selbst wenn die Güter nach Nutzung ins Inland zurückgebracht werden.
Betroffenheit nach Fachgebieten
Besonders exponierte Forschungsbereiche:
- Neuwertige Materialien, Quantentechnologien, Halbleitertechnik
- Künstliche Intelligenz, Life Sciences, Erdbeobachtung
- Überwachungstechnologien und Cybersecurity
Auch zivil ausgerichtete Projekte können exportkontrollrelevant sein, wenn ein objektives Missbrauchsrisiko besteht.
Wissenschaftsfreiheit und rechtliche Verantwortung
Die Freiheit von Forschung und Lehre begründet keine Befreiung von Exportkontrollpflichten.
- Zivilklauseln oder persönliche Motivation schützen nicht vor Genehmigungspflicht.
- Verstöße können strafrechtlich verfolgt werden, teilweise mit Freiheitsstrafen bis zu zehn Jahren.
Ausnahmen
- Öffentlich zugängliche Forschungsergebnisse
- Grundlagenforschung ohne militärischen Bezug
Genehmigungspflichtige Handlungen
Typische Auslöser
Genehmigungspflicht kann bestehen bei:
- Mitnahme oder Versand sensibler Güter
- Grenzüberschreitender Zugriff auf Forschungsdaten oder Software
- Weitergabe von Wissen an Dritte, sowohl im Inland als auch international
Besondere Fälle („Catch-All“
- Nutzung in Atom-, Bio- oder Chemiewaffenprogrammen
- Länder mit Waffenembargo
Prüfung vor Kooperation
- Risikobewertung: Partnerprofil, Fördermittelgeber, Endverwendung, Empfängerland
- Interne Abstimmung: Konsultation der Exportkontrollstelle
- Entscheidung: Kooperation ablehnen, wenn Missbrauch wahrscheinlich
Praxisbeispiel
Ein ausländischer Partner möchte Datensätze für KI-Entwicklung erhalten. Eine interne Analyse zeigt ein hohes Risiko für militärische Nutzung. Die Kooperation wird aus Sicherheitsgründen abgelehnt.
Internationale Zusammenarbeit und Projekte
Forschungsinstitutionen können durch Zusammenarbeit mit Drittstaaten Exportkontrollen ausgesetzt sein.
Ziel der internationalen Kooperationen ist es, die Kapazität von Partnerstaaten in der Umsetzung von Exportkontrollen zu stärken. Dabei werden sowohl Güter mit doppeltem Verwendungszweck als auch Rüstungsgüter und Sanktionsmaßnahmen berücksichtigt.
Programme setzen auf eine maßgeschneiderte Unterstützung für Partnerländer und beinhalten:
- Unterstützung bei internationalen Handels- und Sicherheitsabkommen
- Förderung der Transparenz und Einhaltung von Kontrollsystemen
- Austausch zwischen Behörden, Industrie und Forschung
Praktische Handlungshilfen
- Durchführung einer Risikobewertung vor Kooperation
- Frühe Einbindung der internen Exportkontrollstelle
- Prüfung von Technologie, Software, Wissen, Endverwendung und Empfängerland
- Nutzung von Checklisten, Schulungsmaterial und internen Leitfäden
Wettbewerbsvorteil durch Exportkontrolle
- Sicherstellung von Compliance-Standards
- Reduktion von Reputationsrisiken
- Klare Verantwortungsstrukturen und Haftungssicherheit
- Verbesserte internationale Kooperationsfähigkeit
- Einhaltung ethischer und rechtlicher Standards
Wissenschaftsfreiheit
Die grundgesetzlich garantierte Freiheit von Forschung und Lehre (Art. 5 Abs. 3 GG) entbindet nicht von Exportkontrollpflichten. Wissenschaftlerinnen und Forschungseinrichtungen haben dieselben Pflichten wie die Industrie:
- Prüfen, ob Waren, Technologien oder Wissen genehmigungspflichtig sind
- Dokumentation und Abstimmung mit der Exportkontrollstelle
- Beachtung strafrechtlicher Risiken (Freiheitsstrafen bis zu 5–10 Jahren bei Verstößen)
Outreach-Programme des BAFA
Seit 2006 engagiert sich das BAFA in internationalen Outreach-Projekten, um Drittstaaten beim Aufbau wirksamer Exportkontrollsysteme zu unterstützen.
Ziele
- Prävention illegalen Waffenhandels
- Verhinderung der Proliferation von Massenvernichtungswaffen
- Umsetzung internationaler Vorgaben wie UN-Resolution 1540 und UN Arms Trade Treaty
EU-Outreach
Beispiele laufender Projekte:
- ATT Outreach Project III: Universalisierung des UN-Waffenhandelsvertrags, Kooperation mit neun Partnerstaaten
- COARM VI: Rüstungsgüterkontrolle, 24 Partnerländer
- Partner-to-Partner Projekte (P89, P105): Dual-Use-Kontrolle in Jordanien, Libanon, Golfstaaten, Zentralasien
Nationale Outreach-Projekte
- Unterstützung bei Umsetzung von UN-Embargos (z. B. ASEAN-Staaten)
- Umsetzung von Exportkontrollpflichten gemäß VN-Resolution 1540 weltweit
- Wiesbaden-Prozess: globaler Dialog zwischen Industrie und Regierung
- Erlangen Initiative: Austausch zwischen Kontrollbehörden und Wissenschaft
Fazit
Exportkontrolle ist ein zentraler Bestandteil der Verantwortung von Forschungseinrichtungen. Sie schützt vor Missbrauch, sichert die eigene Reputation und gewährleistet die Einhaltung nationaler und internationaler Vorschriften. Eine frühzeitige, strukturierte Einbindung interner Kontrollstellen und eine kontinuierliche Schulung der Mitarbeitenden sind entscheidend für eine effektive Umsetzung.
Unterstützung durch SW Zoll-Beratung
Forschungseinrichtungen, die ihre Exportkontrolle systematisch gestalten und rechtskonform umsetzen möchten, profitieren von professioneller Begleitung. Die SW Zoll-Beratung bietet umfassende Leistungen, darunter:
- Analyse und Umsetzung von Exportkontrollprozessen für Forschungseinrichtungen
- Risikobewertung und Genehmigungsmanagement für Dual-Use-Güter und sensiblen Technologie-Transfer
- Schulungen und Workshops zu nationalen und internationalen Vorschriften, inkl. Sanktions- und Embargoregelungen
- Begleitung internationaler Kooperationen, inklusive Prüfung der rechtlichen Rahmenbedingungen und organisatorischer Umsetzung
Mit einer strukturierten Beratung durch SW Zoll-Beratung lassen sich Compliance-Risiken minimieren, Reputationsschäden vermeiden und internationale Kooperationen sicher durchführen.