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Artikel 8a VO 833/2014 — „Best Efforts“ Sorgfaltspflichten von EU-Muttergesellschaften

Einführung: Normativer Hintergrund

Artikel 8a wurde durch das 14. Sanktionspaket (Verordnung (EU) 2024/1745) in die VO 833/2014 eingefügt. Er verpflichtet EU-Unternehmen dazu, nach besten Kräften zu verhindern, dass von ihnen gehaltene oder kontrollierte juristische Personen außerhalb der EU an Aktivitäten beteiligt sind, die die Wirkung der EU-Sanktionen untergraben. Ziel ist die Verhinderung von Umgehungsgeschäften über Tochtergesellschaften in Drittstaaten.

Die EU-Kommission hat hierzu FAQs veröffentlicht, die die Anwendung von „best efforts“ und die Dokumentationspflichten erläutern.


Zentrale Begriffe


Praktische Umsetzung: Maßnahmen für Unternehmen

A. Risikoidentifikation und Monitoring

  • Vollständiges Inventar aller Nicht-EU-Tochtergesellschaften erstellen.
  • Tätigkeiten, Produkte, Lieferkettenpunkte und Länder mit hohem Risiko identifizieren.
  • Risikomodell entwickeln: Score nach Land, Produktkategorie, Endkunde, Transportweg.

B. Vertrags- und Governance-Maßnahmen

  • Compliance-Klauseln in Gesellschaftsverträge und Lieferverträge aufnehmen.
  • Eskalations- und Interventionsrechte definieren.
  • Verpflichtung der Tochtergesellschaften zur Meldung potenzieller Verstöße.

C. Operative Kontrollen

  • Monitoring- und Auditprozesse einrichten.
  • Schulungen für lokale Management-Teams durchführen.
  • Überwachung relevanter HS-Code-Gruppen, Lieferanten, Logistikrouten.

D. Dokumentation

  • Risikoanalysen, Auditberichte und Schulungsnachweise systematisch speichern.
  • Reaktionsmaßnahmen auf Verstöße dokumentieren.
  • Nachweis für Aufsichtsbehörden jederzeit verfügbar halten.

E. Reaktionskonzept bei Kenntnis eines Verstoßes

  • Sofortige Prüfung der Aktivität, ggfs. Lieferung aussetzen.
  • Anweisung an die Tochtergesellschaft, die Handlung zu stoppen.
  • Abstimmung mit Legal/Compliance und Meldung an zuständige Behörden.

Praxisbeispiele

  • Endkunden-Szenario: Eine Tochtergesellschaft liefert indirekt Komponenten an einen sanktionierten Endkunden. Die Muttergesellschaft aktiviert Monitoring, suspendiert Lieferung, dokumentiert Maßnahmen.
  • Drittlands-Umgehung: Tochtergesellschaft nutzt Drittland-Transitroute, um Sanktionen zu umgehen. EU-Mutter führt Vertragsprüfung durch, interveniert und implementiert neues Kontrollverfahren.
  • Nicht-EU-Technologielieferung: Tochtergesellschaft liefert Hochtechnologie, die dual-use relevant ist. Monitoring erkennt Risiko, Compliance eskaliert, Lieferung wird geprüft und dokumentiert.

Flussdiagramm Compliance-Prozess

  • Identifikation: Tochtergesellschaft → Risikobewertung
  • Vertrag & Governance: Compliance-Klauseln + Eskalation
  • Monitoring: Audit, Lieferkettenkontrolle, Schulungen
  • Reaktion: Kenntnis → sofortige Maßnahmen
  • Dokumentation: Alle Schritte dokumentieren
  • Review & Optimierung: Regelmäßige Anpassung der Maßnahmen

FAQ

F: Welche Tochtergesellschaften fallen unter Art. 8a?
A: Alle Nicht-EU-Einheiten, die von EU-Mutterunternehmen gehalten oder kontrolliert werden, unabhängig von der Rechtsform.

F: Wie wird „best efforts“ dokumentiert?
A: Durch Auditberichte, Schulungsnachweise, interne Richtlinien, Risikoberichte und schriftliche Reaktionen auf Verstöße.

F: Sind alle Lieferungen an Drittstaaten verboten?
A: Nein. Verboten sind nur Aktivitäten, die Sanktionen untergraben. Maßnahmen richten sich nach Risikoanalyse und Sanktionslisten.

F: Wie oft müssen Compliance-Prüfungen erfolgen?
A: Regelmäßig, risikobasiert, mindestens jährlich, bei Hochrisikotransaktionen häufiger.


Checkliste


Rechtliche Hinweise und Grenzen

  • Zumutbarkeit: Pflicht gilt nur im Rahmen der Möglichkeiten der Muttergesellschaft.
  • Drittlandrecht: Einschränkungen durch lokale Gesetze mindern nicht grundsätzlich die Pflicht, angemessene Maßnahmen zu ergreifen.
  • Wechselwirkung mit VO 833/2014: Art. 8a ergänzt Art. 12 (Umgehungsverbot) und Art. 12g/12gb (No-Russia-Klausel).

Fazit

Artikel 8a VO 833/2014 erweitert die Verantwortung von EU-Muttergesellschaften für Nicht-EU-Tochtergesellschaften. Für Zollverantwortliche, Zollbeauftragte und Außenhandelsakteure ist ein systematisches Vorgehen Pflicht: Risikoanalyse, Vertragsgestaltung, Monitoring, Reaktion und Dokumentation. Wer diese Maßnahmen priorisiert umsetzt, minimiert rechtliche Risiken, gewährleistet Compliance und unterstützt die Wirksamkeit der EU-Sanktionen.


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